Mannheimer Zukunftshaushalt
Mannheim steht vor großen finanziellen Herausforderungen: Steigende Kosten und geringere Einnahmen belasten den städtischen Haushalt stark. Um handlungsfähig zu bleiben, muss die Stadt in den kommenden Jahren spürbar sparen. Dafür wurden aus allen Dezernaten konkrete Vorschläge erarbeitet – die Basis für den Mannheimer Zukunftshaushalt. Wie Oberbürgermeister Christian Specht die Situation einordnet und welche Perspektiven er sieht, erfahren Sie im folgenden Video.
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Warum muss Mannheim sparen?
Die Haushaltslage der Städte und Gemeinden in Deutschland ist äußerst angespannt: 2024 haben sie ein historisches Defizit von 25 Milliarden Euro verzeichnet. Diese größte kommunale Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik ist auch in Mannheim mit voller Wucht angekommen. Die Steuereinnahmen brechen ein, die Ausgaben steigen weiter, die Liquiditätsreserven sind aufgebraucht und Möglichkeiten für neue Kredite sind begrenzt. Gleichzeitig hat Mannheim viele Zukunftsprojekte begonnen, die durch die starken Baukostensteigerungen in den letzten Jahren teurer werden oder sehr finanzintensiv sind, wie den Neubau der BBC-Brücke, die Generalsanierung des Nationaltheaters oder den Neubau des Kombibad Herzogenried.
Um handlungsfähig zu bleiben, hat die Stadt ein umfangreiches Programm zur Haushaltskonsolidierung erarbeitet: Mit dem Mannheimer Zukunftshaushalt sollen in mehreren Schritten Ausgaben eingespart und Einnahmen erhöht werden.
Wie wird gespart?
Der Mannheimer Zukunftshaushalt setzt sich aus zahlreichen Einzelmaßnahmen zusammen, die in mehreren Schritten umgesetzt werden. An den unvermeidlichen Einsparungen sollen sich alle Gruppen in der Stadt ausgewogen und angemessen beteiligen.
In einem ersten Schritt hat die Stadtverwaltung schon Anfang 2025 beschlossen, in diesem Jahr einmalig zwei Prozent in allen Bereichen einzusparen. Das bedeutet knapp 12 Mio Euro weniger Ausgaben.
Außerdem wurden geplante Investitionen gestrichen (z.B. den Neubau eines Zentrallagers für das Nationaltheater), verschoben (z.B. die Generalsanierung der Waldschule), zurückgestellt (z.B. die Neugestaltung von Hans-Böckler-Platz, Europaplatz und Boulevard Kaiserring) oder angepasst (z.B. das Innovationszentrum Green Tech oder die Teilsanierung der Multihalle). So konnten Ausgaben von rund 35 Mio Euro eingespart werden.
In einem nächsten Schritt sollen ab 2026 dauerhaft drei Prozent der städtischen Ausgaben eingespart werden. Dafür haben alle Dezernate der Stadt für ihre Verantwortungsbereiche Vorschläge entwickelt, die der Gemeinderat am 30. September nach intensiver Diskussion beschlossen hat. Die Einsparvorgabe wurde um weitere zwei Prozentpunkte erhöht, so dass nun 5 Prozent eingespart werden sollen. Dafür erstellen die städtischen Dezernate neue Vorschläge. Bis 2028 sollen so insgesamt rund 83 Mio Euro eingespart werden.
Zusätzlich werden rund 66 Mio Euro durch die Analyse und effizientere Gestaltung von Strategien, Abläufen und Aufgaben der Stadtverwaltung eingespart. Dafür wurden Handlungsfelder festgelegt, z.B. ein besseres Bau-Investitionscontrolling, die Entwicklung eines neuen Zuschusskonzepts, die Optimierung des städtischen Fuhrparks oder Einsparungen bei der Generalsanierung und dem Betrieb des Nationaltheaters.
Wie werden drei Prozent der städtischen Ausgaben eingespart?
Alle Dezernate haben selbst Vorschläge erarbeitet, wie sie jeweils rund drei Prozent ihrer jährlichen Ausgaben reduzieren können. Hier einige zentrale Beispiele aus den einzelnen Dezernaten:
- Dezernat OB – Ratsangelegenheiten, Personal, Repräsentation
In der Vergangenheit sind die Personalkosten in der Verwaltung durch neue Aufgaben und hohe Tarifabschlüsse stark gestiegen. Daher soll ein weiterer Stellenzuwachs verhindert werden: Personalstellen, die für neue Aufgaben benötigt werden, sollen durch verbesserte oder automatisierte Abläufe bei anderen Tätigkeiten eingespart werden. Auch die Ausbildungsstrategie der Stadt wird stärker auf den Eigenbedarf der Verwaltung ausgerichtet. Bisher hat die Stadt Mannheim aus sozialer Verantwortung deutlich über den eigenen Bedarf hinaus ausgebildet – in Zeiten rückläufiger Nachfrage nach Ausbildungsplätzen ist das nicht mehr notwendig.
Weitere Einsparungen im Dezernat des Oberbürgermeisters sind bei Veranstaltungen geplant – vor allem bei repräsentativen Formaten für geladene Gäste. Beliebte Veranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger, wie der Neujahrsempfang, bleiben bestehen. Außerdem werden moderate Zuschussanpassungen für Projekttöpfe und freiwillige Zuschüsse sowie für städtische Töchter vorgeschlagen.
- Dezernat I – Finanzen, Sicherheit und Ordnung, Feuerwehr, IT, ÖPNV
Im Dezernatsbereich Informationstechnologie soll das stadtweite Druckerkonzept so angepasst werden, dass künftig weniger Geräte benötigt werden. Die externen Servicedienste für Festnetztelefonie sollen reduziert und auf „Voice-over-IP“ umgestellt werden. Damit werden jährlich rund 415.000 Euro eingespart.
Auch im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wird es eine Anpassung geben: Das mit städtischen Mitteln subventionierte Kurzstreckenticket für bis zu vier Haltestellen entfällt künftig, da die Nachfrage seit Einführung des Deutschlandtickets deutlich abgenommen hat. Als preiswerte Alternative können ÖPNV-Nutzer auch künftig den Luftlinientarif in der myVRN-App nutzen.
Im Dezernatsbereich Sicherheit und Ordnung sollen die Gebühren der Verkehrsbehörde neu kalkuliert werden. Durch die Preissteigerungen der vergangenen Jahre ist ab 2026 mit Mehrerträgen von rund 330.000 Euro pro Jahr zu rechnen. Auch bei der Feuerwehr soll eine Anpassung der Gebühren für Dienstleistungen außerhalb von Notfalleinsätzen kommen und so ab 2026 jährlich rund 870.000 Euro mehr eingenommen werden.
- Dezernat II – Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur
Die städtischen Kulturhäuser leisten konkrete Beiträge zur Haushaltskonsolidierung, die beispielsweise Anpassungen von Eintrittspreisen und Öffnungszeiten, eine verringerte Anzahl von Sonderausstellungen und betriebliche Optimierungen umfassen. Ebenso wird dem Gemeinderat eine schrittweise Kürzung der Projektförderung des Kulturamts um rund 10 Prozent ab 2027 vorgeschlagen. Das Nationaltheater Mannheim bildet ein eigenständiges Handlungsfeld: In gesonderten Entscheidungsvorlagen sollen die Mehrkosten der Generalsanierung maßgeblich reduziert und Einsparungen beim jährlichen Zuschussbedarf des Nationaltheaters erzielt werden.
Die Wirtschaftsförderung bleibt verlässlicher Partner für die Zukunft des Standorts – sie will beispielsweise durch den Verzicht auf Messeauftritte und Anpassungen im Marketing sparen.
Im Sozialbereich sollen durch Aufgaben- und Prozessoptimierungen Einsparungen bei der pflichtgemäßen Ausführung der Transferleistungen erzielt werden. Dafür wird eine gesonderte Beschlussvorlage erarbeitet.
Außerdem wird im Dezernat II ein Stiftungsmanagement aufgebaut. Mit zweckgebundenen Erträgen aus Stiftungen, Erbschaften oder Schenkungen können kulturelle Projekte und soziale Zwecke unterstützt werden.
- Dezernat III – Bildung, Jugend, Gesundheit
Die Stadt Mannheim wird auch künftig verlässliche und qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote bereitstellen. Gerade zuletzt hat der Gemeinderat zusätzliche Ausgaben von über 17,5 Mio Euro für den laufenden Kita-Betrieb beschlossen und so auch das Anlaufen von bis zu 1.000 größtenteils neu geschaffenen Kindergarten- und Krippenplätzen ermöglicht. Nun soll die seit September 2019 geltende freiwillige Gebührenreduzierung im KiTa-Bereich von derzeit 105 Euro in drei Jahresschritten reduziert werden und so ab 2027 ca. 3 Mio Euro pro Jahr eingespart werden. Zudem wird der Kostendeckungsgrad bei den Betreuungs- und Verpflegungsgebühren schrittweise erhöht und dem Niveau freier gemeinnütziger Träger angenähert.
Auch im Schulbereich wird es Anpassungen geben. Die kleinste Schule in Mannheim, das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) Albrecht-Dürer mit nur ca. 20 Kindern, wird aufgegeben. Der Neubau der Alfred-Delp-Schule kann nicht kurzfristig angegangen werden, sondern muss vorerst verschoben werden. Zusammen mit weiteren Maßnahmen ergeben sich im Bildungs-, Jugend- und Gesundheitsbereich Einsparungen von rund 30 Mio Euro. Gleichzeitig wird der Betreuungsausbau konsequent fortgesetzt und es werden mehr Mittel für den KiTa-Bereich bereitgestellt, um allen Kindern gute Bildungschancen und allen Eltern die Teilnahme am Erwerbsleben zu ermöglichen.
- Dezernat IV – Planung, Bauen, Verkehr und Sport
Dezernat IV legt den Schwerpunkt auf verbessertem Service für die Bürgerschaft und eine zukunftsfähige Stadtentwicklung. Das soll erreicht werden durch weitere Digitalisierung, effiziente Prozesse und fortlaufende Bürgerorientierung.
Zum Beispiel sollen städtische Gebäude künftig verstärkt für mehrere Zwecke genutzt werden: in den gleichen Räumlichkeiten sollen zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Angebote wie etwa Bürgerservices oder Jugendarbeit stattfinden. So werden die städtischen Gebäude besser genutzt und beleben ihr Umfeld zusätzlich. Gleichzeitig sind Einsparungen möglich, weil weniger Gebäude benötigt werden und für andere nicht-städtische Angebote genutzt werden können. Durch neue Arbeitsformen („New Work“) sollen außerdem die Arbeitsplätze der städtischen Mitarbeiter angepasst werden, wodurch insgesamt weniger Flächen benötigt werden.
Außerdem geht es um bedarfsgerechte Angebote und eine Vereinfachung der Tarifstruktur etwa im Sportbereich, um mehr Einfachheit und Klarheit zu schaffen und die Angebote an veränderte Kosten anzupassen. Im Bereich Digitalisierung wurde bereits 2024 das Virtuelle Bauamt eingeführt.
- Dezernat V – Umwelt, Bürgerservice und Technische Betriebe
Die Stadtparks sollen auch künftig als Orte der Erholung, Begegnung und Naturerfahrung erhalten bleiben. Angesichts der finanziellen Lage werden jedoch Einschnitte im Leistungsbild und Angebot nötig sein, zum Beispiel durch die Umstellung der Bepflanzung, höhere Eintrittspreise oder die Einführung von Schließzeiten.
Der Eigenbetrieb Stadtraumservice muss für 2026 einen ausgeglichenen Wirtschaftsplan vorlegen, damit das vorhandene Defizit nicht weiter anwächst. Das wird zu Leistungseinschränkungen in allen Bereichen des Eigenbetriebs führen. Dazu zählen unter anderem die Reduzierung von Reinigungszeiten in der Innenstadt, der Sachkosten für Kinderspielplätze, Grünflächen und Bäume sowie ein verringerter Unterhalt von Wohnstraßen. Dennoch sind weiterhin bedeutende Investitionen in die Straßenbeleuchtung, Verkehrstechnik sowie die Straßen- und Brückensanierung geplant, um den Verkehrsraum sicher und attraktiv zu halten.
Die 2024 durchgeführte letzte Aufstockung des Klimafonds von 2,7 Mio auf 5,5 Mio Euro wird teilweise zurückgenommen. Die Reduzierung auf jetzt 3 Mio Euro wird sich insbesondere auf die Förderung privater Photovoltaikanlagen auswirken. Der Umweltpreis soll künftig nur noch alle zwei Jahre vergeben werden. Außerdem steht die Überprüfung und Anpassung aller Gebühren des Fachbereichs Klima, Natur, Umwelt (z.B. für wasserrechtliche Genehmigungen oder Anordnungen zur Untersuchung von Altlasten) zum 1. Januar 2026 an.
Weitere Informationen zum Mannheimer Zukunftshaushalt
Die detaillierten Vorschläge der Dezernate und die im Gemeinderat beschlossenen Maßnahmen finden Sie im Bürgerinformationssystem.
Die Diskussion im Gemeinderat können Sie auf dem städtischen YouTube-Kanal ansehen.
Eine Zusammenfassung des Pressegesprächs vom 16. September ist in der Pressemitteilung nachzulesen.
Wie geht es nun weiter?
Wegen der massiven Verschlechterung des aktuellen Haushalts und des einmaligen Finanzbedarfs von rund 200 Mio Euro für den Start des Universitätsklinikverbunds Heidelberg-Mannheim wird die Verwaltung noch im Oktober einen Nachtragshaushalt für die Jahre 2025/2026 und den Finanzplanungszeitraum bis Ende 2028 in den Gemeinderat einbringen.
Die bisher vorgeschlagenen umfangreichen Maßnahmen werden allerdings immer noch nicht ausreichen, um die insgesamt erforderlichen Verbesserungen zu erreichen. Mit den bisher vorgeschlagenen umfangreichen Maßnahmen kann die Stadt bis Ende 2028 insgesamt etwa 228 Mio Euro einsparen. Zur notwendigen Summe von 603 Mio Euro bleibt damit noch eine Differenz von rund 375 Mio Euro. Dafür müssen zusätzliche Maßnahmen entwickelt und weiterreichende Lösungen gefunden werden.