75. Gestaltungsbeirat am 03.04.2025
Die Sitzung des 75. Gestaltungsbeirats fand am Donnerstag, den 03.04.2025 im Friedrich-Walter-Saal des MARCHIVUMS statt.
Protokoll der öffentliche Beratung:
TOP 1 ALDI, Rheinau
Das Projekt „Wohn- und Geschäftshaus Aldi“ wurde in der Sitzung des Gestaltungsbeirats vorgestellt. Der Gestaltungsbeirat begrüßt grundsätzlich das Vorhaben als hybriden Baukörper mit Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnen in den Obergeschossen. Im Rahmen der Weiterbearbeitung werden jedoch folgende Aspekte zur weiteren Prüfung, Änderung und Optimierung empfohlen:
Städtebau und Setzung:
Der Gestaltungsbeirat empfiehlt die dargestellte Zonierung der Geschosse und der Fassaden zu überarbeiten, mit dem Ziel einen ruhigen selbstbewussten Stadtbaustein zu entwickeln.
Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Ausbildung der Ecke Relaisstraße, Otterstadter Straße zu legen. Eine Betonung der Ecksituation ist nachvollziehbar, allerdings wird das vorgeschlagene fünfte Geschoss als zu groß angesehen. Empfohlen wird ein in der Fläche kleineres fünftes Geschoss, welches nicht zur Straße zurückgestaffelt werden muss. Der Baukörper sollte in einer stimmigen Farb- bzw. Materialwelt entwickelt werden. Auf die durch den Farbwechsel erzeugte starke Akzentuierung der Treppenhäuser soll verzichtet werden. Der maßstäbliche Übergang zur Nachbarschaft sollte dargestellt werden. Der Bereich neben der Anlieferzone muss in das Freiraumkonzept integriert werden.
Fassade:
Die Fassade erscheint ungegliedert, hier ist eine klare Gliederung erwünscht, die sich vom Erdgeschoss bis ins dritte bzw. vierte Obergeschoss entwickelt.
Alternativ könnte das Erdgeschoss als durchgängiger Sockel ausgebildet werden, auf dem sich die Wohngeschosse entwickeln.
Bei beiden Möglichkeiten muss das Erdgeschoss mehr geöffnet werden. Die dargestellte Fassade zur Otterstadter Straße öffnet sich nicht genug zur Umgebung und erinnert so eher an eine Anlieferzone. Der Drogeriemarkt erscheint hier abgehängt vom Publikumsverkehr. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt die Fassade zu überarbeiten und durch ausreichende Öffnungen ein zur Nachbarschaft zugewandtes Gebäude zu entwickelt, dessen Gewerbezonen auch entlang der Otterstadter Straße die Möglichkeit des Wechsels zukünftiger Nutzungen gewährleistet.
Die Hervorhebung der Treppenhäuser und die damit verbundene Zonierung des Baukörpers erscheint willkürlich und führt zu unangenehmen Fassadenproportionen. Die Lage und Größe der Hauseingänge erscheint unattraktiv und sollte überarbeitet werden.
Innere Struktur:
Die Mittelgangerschließung des Gebäudeteils an der Durlacher Straße und die damit verbundene einseitige Orientierung der Wohneinheiten sollte durch einen Spänner- oder Laubengangerschließung ersetzt werden, um hier die Wohnqualität zu verbessern.
Materialität:
Die Ausführung in Wärmedämmverbundsystem wird aus Aspekten der Nachhaltigkeit und Langlebigkeit nicht befürwortet. Der Gestaltungsbeirat regt an, über alternative Bauweisen bzw. Fassaden nachzudenken, wie z. B. monolithische Bauweise mit Edelkratzputz oder eine Verklinkerung der Fassade. Eine nachhaltige zirkuläre Bauweise soll geprüft werden.
Ergebnis: Der Gestaltungsbeirat bittet um Wiedervorlage.
TOP 2 Zentrum Innovativer Mobilität (ZIM), Schwetzingerstadt
Im 75. Gestaltungsbeirat der Stadt Mannheim stellt die RNV die Weiterentwicklung des ZIM vor. Die Planungsxgruppe hebt hervor, dass sie die Planung des ISZ nur bis zur Leistungsphase 2 erarbeitet hat. Auf die weitere Planung des ISZ hat die Planungsxgruppe keinen Einfluss. Dieses Projekt wird durch Emch+Berger weiter geplant.
Die städtebauliche Setzung der Rampenanlage des ZIM als „Kopfbau“ wurde nicht verändert. Vielmehr wurden Referenzbilder von zylinderförmigen Gebäuden gezeigt, welche die architektonische Qualität der Form selbst hervorheben sollen. Der Gestaltungsbeirat regt an, eine lineare Rampe entlang der Grundstücksgrenze planerisch zu überprüfen.
Die gesamte Planung des ZIM basiert derzeit auf einem nahezu eingeschossigen Gebäude. Diese Planung führt zu einer überbordenden Ausnutzung der Grundflächenzahl des Grundstückes, welche mit Ausgleichsmaßnahmen wie Retentionsdächern etc. aufwendig kompensiert werden müssen. Aus Sicht der RNV wird aus zwängen der Wirtschaftlichkeit eine Anordnung der Bus-Parkplätze erdgeschossig favorisiert. Vorhergehende Planungen und andere Referenzprojekte zeigen, dass es technisch und wirtschaftlich sinnvoll sein kann, eine zweite Parkebene für Busse herzustellen.
Zu Gunsten eines gewissenhaften Umgangs mit unseren Baulandressourcen, wird dringend empfohlen, die Busse wie in der vorhergehenden Planung vorgesehen auch auf einer zweiten Ebene zu parken.
Die dadurch freiwerdende Fläche macht etwa ein Viertel des Grundstücks aus und könnte so zu einem späteren Zeitpunkt als weiterer Bauabschnitt, welcher städtebaulich sinnvoll das M1 und das ISZ ergänzt, zur Verfügung stehen. Zudem könnte das anfallende Meteorwasser ökologisch und ökonomisch sinnvoll auf dem Grundstück versickert werden. In der Abwägung der Wirtschaftlichkeit steht der Zuwendungsgeber der Argumentation der Vorhaltung von Baulandreserven in der Regel sehr offen gegenüber oder fordern diese üblicherweise selbst ein.
Die Materialität der Fassade soll mit Keramikplatten hergestellt werden. Abschließend bewerten, könnte der Gestaltungsbeirat diese Gestaltung erst, wenn eine Planung dazu vorliegen würde. Die RNV beabsichtigt in einem der kommenden Gestaltungsbeiratssitzungen die Gebäude ZIM, ISZ und M1 gesamthaft vorzustellen, was aus Sicht des Gestaltungsbeirats begrüßt wird. Die gestalterische Einordnung des Projektes ist wegen der noch fehlenden Ausarbeitung derzeit nicht möglich.
Ergebnis: Der Gestaltungsbeirat bittet um Prüfung seiner Anregungen und Wiedervorlage des Projektes.
TOP 3 Neubau Mehrfamilienhaus, Dürerstrasse 21, Neuostheim
Das Projekt liegt im Stadtteil Neuostheim, das Grundstück befindet sich an der Ecke Dürerstraße/ Menzelstraße. Südlich der mit Platanen gesäumten Dürerstraße findet sich eine viergeschossige Blockrandbebauung, nördlich davon ein stark durchgrüntes Quartier, das mit seinen Wohnhäusern mit zwei Geschossen plus Dach eine kleinteilige, aber überwiegend homogene Bebauung darstellt. Das Quartier stellt, nicht zuletzt durch seine Lage Richtung Neckar, eine hohe Qualität dar.
Das Grundstück liegt an der Zäsur zwischen dem Blockrand und der offenen Bebauung und ist daher im Kontext des Übergangs dieser beiden Strukturen zu sehen.
Dem Gestaltungsbeirat ist es ein Anliegen, mit der Beurteilung dieses Projektes auch das Quartier in seiner Besonderheit zu sehen, auch wenn kein denkmalrechtlicher Schutzwert besteht.
Das bestehende Gebäude ist zweigeschossig plus Dach und orientiert sich in der Körnung an der nördlich der Dürerstraße liegenden kleinteiligen Struktur. Es stellt derzeit durchaus eine hohe Qualität dar und ist mit seiner Nutzung auch ein sozialer Ort.
Für den Neubau soll das Gebäude abgebrochen und komplett neu erstellt werden. Es wurde im Vorplanungsstand vorgestellt. Eine Genehmigung muss nach §34 BauGB erfolgen.
Grundsätzlich wird begrüßt, dass auch in diesem Quartier eine innerstädtische Nachverdichtung erfolgen soll. Auch ist es durchaus vorstellbar, hier ein Gebäude mit mehr Baumasse entstehen zu lassen. Der Gestaltungsbeirat sieht aber einen erheblichen Verbesserungsbedarf in der Einbindung des Neubaus in den Kontext. Auch wäre zu prüfen, ob ein Umbau machbar ist.
Folgende Punkte werden als besonders kritisch gesehen:
Die Gebäudehöhe des dritten Vollgeschosses bezieht sich auf die Firsthöhe der Nachbarbebauung. Damit ist das neue Gebäude de facto um ein Geschoss höher als die meisten Gebäude der Umgebung. Dies wird auch auf der Gartenseite zum tieferliegenden Gelände hin sichtbar, wo der Neubau fünfgeschossig dem dreigeschossig plus Dach deutlich niedrigeren Nachbargebäude gegenübersteht. Dies ist deutlich zu hoch. Generell kann eine Nachverdichtung entweder in einen etwas größeren Fußabdruck oder in die Höhe gehen, beides zu erhöhen, ist für diesen Ort nicht angemessen. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, ob das Grundstück für die geplanten 13 Wohneinheiten nicht zu klein ist.
Auch die Dachform ist eher unpassend und trägt nicht zur Einbindung bei.
Kubatur und Fassaden erscheinen zufällig und eher additiv, die Vor- und Rücksprünge wirken unruhig. Es wird angeregt, eine Strukturierung in eine Straßenseite mit einer ruhigen Fassade und einer Gartenseite mit Balkonen vorzusehen.
Die Einbindung der Tiefgaragenzufahrt in das Gebäude zugunsten einer grünen Fuge zum Nachbargrundstück, also dem typischen Bild des Quartiers, sollte überprüft werden. Auch dies würde zum ruhigeren Erscheinungsbild und der besseren Einpassung beitragen.
Schließlich sind die Bäume an der Dürerstraße zwingend zu erhalten. Balkone und Erker scheinen im Moment bis in den Kronenbereich zu ragen.
Ergebnis: Der Gestaltungsbeirat bittet um eine grundlegende Überarbeitung zu einem klar strukturierten, kraftvollen Gebäude, das sich gut in die beschriebene Bebauungsstruktur einbindet, die Qualität des Ortes respektiert und weiterentwickelt. Um eine Wiedervorstellung wird gebeten.
TOP 4 Baufeld 5.3 Turley, Neckarstadt-Ost
Die Gesamtkonzeption des Wohnblocks, zusammengesetzt aus einem höheren Bauteil im Süden, eine Reihung von Zweispännern sowie einem U-förmigen Abschluss auf der Nordseite wird im städtebaulichen Kontext als stimmig betrachtet. Der Rücksprung auf der Südseite zur Freilegung der historischen Fassade des Kasernengebäudes ist nachvollziehbar und wird begrüßt. Der markante Baublock an dieser Stelle wird ebenfalls als städtebaulich richtig vom Gestaltungsbeirat befürwortet. Die Empfehlungen des Gestaltungsbeirats adressieren sich an folgende Punkte:
Volumetrie
Die Fügung der einzelnen Hauptbaukörper können noch an Qualität gewinnen und sollten dahingehend überprüft werden. Im Einzelnen wird auf folgende Punkte verwiesen: Hauptbaukörper Süd: der Vorsprung bzw. Rücksprung sollte in Maß und Umfang überprüft werden, sodass die Angleichung der Zweispänner ohne große geschlossene Fassadenflächen erreicht werden kann.
Der Zugang zum Hof wurde richtigerweise in der Höhe ab gestaffelt. Einen Versatz in der Tiefe analog zum schon bestehenden Baukörper wird empfohlen, um eine Art Portalsituation und Adresse für den Hofbereich zu generieren.
Der Anschluss des U-förmigen Baukörpers auf der Nordseite sollte ebenfalls in Maß und Umfang geprüft werden, um den Eindruck einer zufälligen Reihung zu reduzieren. Eine Vergrößerung des nach Süden ausgerichteten U-förmigen Innenbereiches würde der Wohnqualität zuträglich sein.
Erdgeschoss Zonen
Die Eingänge der Zweispänner sind konsequent auf der Ostseite parallel zur Bahn angeordnet. Zur besseren Erreichbarkeit des Innenhofes wird angeregt, einen Durchgang/Passage in den Innenhof zu realisieren, sodass der Hofbereich besser durch die Bewohner frequentiert werden kann und somit einen direkten Zugang für alle Bewohner hat. Der U-förmige Block im Norden sollte im Hofbereich mit einem zentralen einladenden Eingang für die Fahrradabstellplätze geöffnet werden und somit eine „unanimierte“ geschlossene Fassade vermieden werden. Die Möglichkeit einer Quartierswerkstatt sollte geprüft werden.
Prinzipiell sollte an einer lebendigen Innenhof-Atmosphäre gearbeitet werden, um auch die bestehenden Büroeinheiten sinnvoll zu integrieren
Wohnung Typologien
Die Staffelung der einzelnen Baukörper in der Zone mit Zweipännerwohnungen könnte eine Möglichkeit zur Nutzung der Dachterrassen eröffnen. Zur Erweiterung des Wohnangebotes bzw. attraktiver Freiräume für Mieter sollte die individuelle oder kollektive Nutzung als Dachterrassen geprüft werden.
Die Anordnung der Balkone und Loggien sind im aktuellen Entwurfszustand noch optimierbar, da die jetzige direkte Anordnung nebeneinander keine gute Privatsphäre verspricht. Ebenso sollte der Grad der Geschlossenheit der Brüstungen geprüft werden, um eine unkontrollierte Individualisierung (Sichtschutz) zu vermeiden.
Die Besonnung der fast ausschließlich nordorientierten Wohnungen sollte geprüft werden. Ebenso die Situation am Kopfgebäude, welches durch den Versprung die Südwest-Besonnung der direkt angrenzenden Zweispänner deutlich einschränkt.
Außenraum/Hof
Die unter Punkt 2 aufgeführten Maßnahmen sollen der Atmosphäre des Innenhofes eine gewisse Lebendigkeit verleihen. Neben Durchgängen und Eingängen kann die Freiraumplanung ebenfalls weiter positiv zur Gestaltung und Adressbildung des zentralen Hofes und der Straßenfront beitragen. Hierzu sollte ein fachlich fundiertes Landschafts- und Freiraumkonzept erstellt werden.
Im Bereich Ost muss der Erhalt der Platanen gesichert werden. Dabei ist die Ausdehnung der Untergeschosse im Hinblick auf den dafür notwendigen Wurzelraum abzustimmen.
Die erforderlichen Abstände der Baukörper zu den Außenkanten der Kronen der Bäume, die detailliert aufzunehmen sind, sind zwingend einzuhalten.
Nur so kann sichergestellt werden, dass die Baumreihe dauerhaft erhalten werden kann. Eine vorzeitige Konsultation der Fachbehörde wird empfohlen, ebenso im Hinblick auf die projektierte S Bahn-Haltestelle.
Ergebnis: Eine Wiedervorlage ist nicht zwingend erforderlich.