Körper-Extreme

Ob kurvig oder dünn, groß oder klein - Fakt ist, dass die Werte einer Gesellschaft ihr Schönheitsideal stark prägen. Frauen* sind in erheblichem Maße diesem enormen Druck ausgesetzt. Sie greifen immer mehr zu extremen Methoden, um diesen Idealen zu entsprechen. Millionen, wenn nicht Milliarden von Frauen* eifern ihren Vorbildern nach: zwingen sich zu extremen Diäten, enden schlimmstenfalls in einer Essstörung. Ob Schmollmund, große Augen, üppiges Gesäß und Dekolleté, Hautschmuck, künstliche Nägel, künstliche Wimpern und Haare - es wird alles dafür in Kauf genommen. Die ästhetisch-plastische Chirurgie boomt. Der Anteil der Frauen* an der Gesamtheit aller Menschen in Deutschland, die sich 2018 einer Schönheitsoperation unterzogen haben, betrug 84 %. Das wirft viele Fragen auf:  Was ist der Grund für diese extrem hohe Zahl?
Was ist bei Frauen* noch echt? Was bewegt Frauen* zu solchen extremen Schritten? Zwingt das System Frauen* dazu, den Schönheitsidealen entsprechen zu müssen? Oder schaffen Frauen* selbst diese Schönheitsideale? Lassen sich Männer* von dem gesellschaftlichen Druck mitreisen?

Moderatorinnen:
Prof. Dr. Eva Eckkrammer, Professorin für Romanische Sprach- und Medienwissenschaften am Romanistischen Seminar der Universität Mannheim
Silvana Kraka, Leiterin der Theaterakademie Mannheim, Regisseurin und Schauspielpädagogin

Gastredner*innen:
Maxi Schmitt, Vorständin und Fachberaterin des FrauenGesundheitsZentrums Heidelberg, selbst Betroffene
Birgit Schäfers, seit ca. Ihrem 5 Lebensjahr massiv essgestört, gründete 2018 eine Gruppe für Frauen, die, so wie sie selbst, nach einem Schönheitsangriff erkrankt sind
Caroline Hopp, Psychologin, Yoga- & Tantralehrerin und Körperakzeptanz Coach. Sie unterstützt insbesondere Frauen auf ihrem Weg zu einer harmonischen Beziehung mit sich selbst und dem eigenen Körper
Prof. Dr. Sven Schneider, Professor an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Leiter der Abteilung „Kindergesundheit“

Statements der Gastredner*innen

Birgit Schäfers
Sterben für die Schönheit? Wir sollen uns nicht schön genug fühlen - damit wir profitabel bleiben! Wir werden über die Gefahren von Brustimplantaten nicht bzw. sehr unzureichend aufgeklärt. Die Implantationszahlen in Deutschland steigen. Alles im Namen der vermeintlichen Schönheit. Stellen Sie sich vor, Frauen würden sich in Selbstliebe hüllen und sich schön finden - ganze Industriezweige würden wegbrechen!

Maxi Schmitt
Der Weg zur Gleichberechtigung ist noch immer ein weiter. Frauen werden noch immer mit "dem männlichen Blick" betrachtet, müssen entsprechen, sich "zurecht machen", anpassen und verbiegen. Eine selbstbewusste, in sich ruhende Frau bedeutet Gefahr für das patriarchalische Machtsystem. Daher wird subtil durch Medien, das soziale Umfeld und mitunter sogar die eigene Familie propagiert, dass nur "ein perfekter Körper ein glückliches Leben ermöglicht" - der Raum zur inneren Entfaltung wird genommen. Als einziger Ausweg den Kompromiss zwischen Eigenständigkeit und sozialer Anerkennung scheint Frau überproportional ihr Körper, welcher sich unterordnen muss. Das muss sich ändern!

Caroline Hopp
„Nie genug - 91 Prozent aller Frauen hassen ihren Körper. “
Nicht groß genug, nicht dünn genug, nicht blond genug, nicht schön genug. Wir schauen an uns herunter und sehen nur das, was wir vermeintlich nicht haben und fühlen uns nicht liebenswert. Großen Anteil daran haben Werbung und die Medien, in denen uns fast ausschließlich perfekte Menschen, in perfekten Körpern, die perfekte Leben leben gezeigt werden.

Prof. Dr. Sven Schneider
„Während ein Teil unserer Kinder und Jugendlichen immer übergewichtiger werden, präsentieren wir ihnen gleichzeitig immer schlankere Ideale und Vorbilder. Wir – das sind einerseits auf Mikroebene Eltern, Freunde und soziale Medien und andererseits auf Makroebene einige Kulturschaffende, allen voran diejenigen, die Trash- und Trivial-Kultur schaffen.“


Inhalte der Diskussion:
•    Vermeidung von sozialen Netzwerken, wie zum Beispiel die Plattform „Instagram“, um sich selbst zu schützen.
•    Stars & Modewelt: Kaum etwas davon ist wirklich echt.
•    Grundproblem ist oft: die eigene Wahrnehmung über sich selbst.
•    Ganz wichtig ist auch die Frage nach dem „Warum?“ Warum muss ich immer schön sein? Warum brauche ich das?
•    Man sollte sich nicht über seinen und durch seinen Körper definieren. „Ich bin nicht mein Körper, sondern ich habe einen Körper“.
•    Wer bestimmt, dass ich schön bin?
•    Schönheitsideale werden auch von der Schicht und Klassen der Gesellschaft mitdefiniert.
•    Man muss lernen, sich zu akzeptieren. Dann kann man statt permanent an „Schwächen“ zu arbeiten, an den „Stärken“ arbeiten.
•    Es gibt kulturübergreifende Schönheitsideale, wie zum Beispiel saubere Haut und volle Haare. Aber der Körper wird immer in sozialen Interaktionsräumen definiert.
•    Schöne Kinder werden geliebt.
•    „Ich habe immer das Gefühl, dass es immer einen großen Unterschied zwischen den Männern und Frauen gibt. Bis wir nicht alle dagegen wirken, wird es sich nicht ändern“.
•    „Es ist mir aufgefallen, dass wir immer mit den Begriff „einfach“ verwenden. Dabei ist es eben nicht einfach.
•    „Es ist für mich interessant, wie Väter mit der Schönheit ihrer Töchter umgehen, nämlich oft sehr unterstützend. Oft sind es die Mütter, die kritisch zu ihren Töchtern stehen.
•    Der Körper wird durch den Charakter schöner.
•    Sichtbarkeit ist ein ganz wichtiger Begriff hier.
•    Männer sind auch immer mehr von diesem Schönheitswahn betroffen.

Selbst-Forderungen:
•    Das Adjektiv „schön“ mit „Schön empfunden“ und den Begriff „schön zu sein“ mit dem Begriff „schön wahrgenommen werden“ ersetzen.
•    Kinder wirklich stark machen, sie zu bewussten Persönlichkeiten erziehen und sie so akzeptieren wie sie sind.
•    Diskutieren Sie mit den Menschen um sich herum.

Ideen der Teilnehmer*innen:
•    Die Stadt könnte mit Abfallwirtschaft eine Kampagne zum Thema Schönheit machen.
•    Aufkleber produzieren: hört auf, euch zu vergleichen.
•    Ein Projekt basteln, dass das Thema ausdrücklich thematisieret hat: Spiegel: Du bist schön.
•    Schulen sollen das Thema ganz bewusst und aktiv ins Visier nehmen.
•    Die Texte bei der Stadt überprüfen.