Der Mannheimer Dialekt

Das Mannemerische ist, auch wenn es zu den Rheinfränkischen bzw. pfälzischen Mundarten gehört, ein durchaus eigenständiger Dialekt, der nur im Stadtgebiet gesprochen wird. Bereits in den Vororten wie Feudenheim, Seckenheim oder Neckarau werden andere Wendungen gebraucht, spricht man Worte anders aus. Typisch mannemerisch ist das Füllwort álla, das in kaum einem Satz fehlt. Es kommt vom französischen állez und dient hier wie dort als Aufforderung: Los! Auf! Es kann aber auch die Bedeutung von "alsdann" haben: állaa, machs gud! Ein alleinstehendes állaa! heißt so viel wie: Hab ich's nicht gesagt! Oft wird ein Satz mit einem heer! begonnen. So heißt es zum Beispiel in Joy Flemings Neckarbrücken-Blues: Heer, Glennii, heer mol her! Häufig wird auch ein gell? in die Rede eingeflochten.

Während diese Wendungen jedoch dem Zugereisten nach kurzer Zeit geläufig sind und ein lautstarkes Állaa! nicht mehr mit moslemischem Ritus in Beziehung gesetzt wird, gibt es einige Worte, deren Bedeutung sich auch dem des Süddeutschen Kundigen ohne Nachfragen nicht erschließt. Oder wer könnte auf Anhieb im Boddschamber (pot de chambre) das nützliche Nachtgeschirr, in der Schees (chaise) den Kinderwagen, im Waschlafoor (lavoir) die Waschschüssel und in der Buddig (boutique) ein baufälliges Haus erkennen?

Es ist eine Eigenart des Mannemerischen, daß es eine Vielzahl von Wörtern aus dem Französischen, aber auch aus dem Jiddischen und Rotwelschen übernommen hat. Der Einfluss des großen Nachbarn Frankreich wurde durch Einwanderer, die als Glaubensflüchtlinge nach Mannheim kamen, verstärkt. Der Anteil des Jiddischen im Mannheimer Wortschatz lässt sich durch die Handelsbeziehungen erklären sowie durch den Umstand, dass es in Mannheim nie ein Getto, ein Judenviertel, gab, Juden und Nichtjuden ungehindert und offen miteinander umgingen. So lautet z. B. die mannemerische Variante des Schwäbischen Grußes: Blos mer de Howwl aus! - wobei damit nicht das Schreinerwerkzeug gemeint ist, sondern ein bestimmter Teil des Allerwertesten (jiddisch: hoibel). Das Rotwelsch, eine Tarnsprache der Fahrenden, kam durch Vaganten, Matrosen und Markthändler in die Stadt, die sich in ihren cochemer bayes (heute "Beizen"), vor der Polizei, der "Schmier", sicheren Wirtschaften wie dem "Hirschen" oder "Der weißen Lilie", in Mannheim trafen.

Weitere mundartliche Begriffe aus der Quadratestadt und ihre Übersetzungen finden Sie im Kleinen Mannheimer Lexikon.