Karla Spagerer im Alter von 95 Jahren verstorben
Karla Spagerer, NS-Zeitzeugin und Trägerin des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik, ist im Alter von 95 Jahren verstorben.
„Mannheim trauert um eine vorbildhafte Bürgerin, eine leidenschaftliche Kämpferin für unsere Demokratie, eine stolze Waldhöferin und eine große Persönlichkeit“, erklärt Oberbürgermeister Christian Specht zum Tod von Karla Spagerer. „Viele Jahre lang hat sie mit ihren sehr persönlichen Berichten die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazi-Zeit lebendig gehalten. In Schulen und auf Veranstaltungen hat sie über die Erlebnisse ihrer Kindheit und Jugend und die Verfolgung ihrer Familie gesprochen, um sie an möglichst viele Menschen weiterzugeben. Jetzt ist eine wichtige Zeitzeugin verstummt – zum Glück hat sie es zuvor ermöglicht, ihre Erfahrungen in Büchern, Interviews und Videos für künftige Generationen festzuhalten. Zeitlebens war sie ihrem Heimatstadtteil und dem SV Waldhof Mannheim eng verbunden. Für ihr großes Engagement und ihre Menschlichkeit danke ich ihr von Herzen – auch im Namen unserer ganzen Stadt.“
Karla Spagerer wurde 1929 in Mannheim geboren. 2022 wurde ihr das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik verliehen. Ihre Eltern betrieben die Arbeiterkneipe „Waldschlössel“, wo sich oft die Freunde der Eltern trafen – darunter Mitglieder der Familien Faulhaber und Lechleiter, die zur kommunistischen Widerstandsgruppe gegen die Nationalsozialisten gehörten.
Ihre Großmutter, eine überzeugte Kommunistin, wurde 1936 von der Gestapo verhaftet und für 18 Monate ins Zuchthaus gebracht, weil sie für notleidende Familien inhaftierter Widerstandskämpfer der Mannheimer „Lechleiter-Gruppe“ Lebensmittel und Geld gesammelt hatte. Auch ihre Eltern waren politisch engagiert, weshalb das Elternhaus mehrmals von der Gestapo durchsucht wurde. Nach dem Tod ihres Ehemanns Walter stieg Karla Spagerers Bedürfnis, sich selbst mehr politisch zu engagieren. 2018 wurde sie zu einer öffentlichen Gesprächsrunde zum Thema „Ausgrenzung von Andersdenkenden und Antisemitismus“ eingeladen und hat dabei von ihren Erfahrungen als Kind während des Zweiten Weltkriegs berichtet. Da sie im Nachgang von mehreren Personen gebeten wurde, dass sie ihre Geschichte auch an Schülerinnen und Schüler weitergeben solle, hat sie Schulen in Mannheim und in der Metropolregion Rhein-Neckar besucht. Auch außerhalb von Schulen berichtete Spagerer als Zeitzeugin des Nationalsozialismus im Rahmen von Veranstaltungen von ihren Erlebnissen.