Dark Spring

Dark Spring

Song-Oper von Hans Thomalla | Songtexte von Joshua Clover
Auftragswerk des Nationaltheaters Mannheim | Uraufführung | Text vom Komponisten nach Frank Wedekinds »Frühlingserwachen«

»Dark Spring« ist eine Oper über vier junge Menschen unter extremen Druck: dem Leistungsanspruch in Schule oder Studium, dem Erfolgsdruck im Popularitätsranking des Freundeskreises, und nicht zuletzt dem Druck zu einer »perfekten Performance« in Sexualität und Intimität. Der Druck ist verinnerlicht. Eltern oder Lehrer treten in der Oper nicht auf, und die Protagonisten stehen den spätkapitalistischen Anforderungen einer ständigen Ich-Optimierung ganz alleine gegenüber. Der Konflikt zwischen Erfolgsdruck einerseits und dem Gefühl von Ohnmacht und unerreichbarer Selbstverwirklichung in einer Zeit permanenter Stagnation andererseits spitzt sich mehr und mehr zu und schlägt schließlich um in Destruktion: in die sexuelle Gewalt von Melchior und den Selbstmord von Moritz.

Im Zentrum der Oper steht weniger die Erzählung einer linearen Geschichte jener vier jungen Menschen, sondern vielmehr ihr Versuch die damit verbundenen oft widersprüchlichen Gefühle zu artikulieren und zu verstehen. Gefühle von Entfremdung und Verlorenheit in einer Gesellschaft, die auf Produktivität und Erfolg ausgerichtet ist, und die zugleich deren Erreichen so gut wie unmöglich macht; Gefühle von Schmerz und Leid aber auch vom Verlangen nach Schmerz als sexuelles Erleben; Gefühle von Solidarität und Liebe, die zwischen den vier Protagonisten aufscheinen, aber auch die Angst vor der damit einhergehenden Verletzbarkeit. In einer Welt des alles umfassenden Wettbewerbs erscheinen Gefühle jedoch als Blöße. Die Sehnsucht, zu begegnen, sich zu offenbaren und sich und den Anderen zu spüren, und dafür einen eigenen Ausdruck zu finden, verunsichert.

Die vier Protagonisten von »Dark Spring« singen Songs. Sie artikulieren ihre Gefühle in der Maske des scheinbar distanzierten Formschemas aus Reim, Vers, Strophe und Refrain. Hinter der Formalisierung dieser Songs und ihren Bildern bricht jedoch immer wieder eine rohe, ungeformte Klanglichkeit durch, eine undomestizierte akustische Welt aus Geräusch, Lärm, Schrei und Stille.

Hans Thomalla (2020)

 

Karten unter Tel. 0621 1680 150 oder per E-Mail an nationaltheater.kasse@mannheim.de

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