Sehstation Nr. 8:

 

Adresse: Am jüdischen Friedhof 1

 

Bauherr: Stadt Mannheim

 

Architekt: Wilhelm u. Karl Schmucker; Hans Scherrmann

 

Fertigstellung: 1967

Trauerhalle Hauptfriedhof

Bis 1964 stand gegenüber dem Krematorium die neugotische Leichenhalle von 1900-03. Diese wurde nach ihrem Abbruch durch das Mortuarium ersetzt. Bereits 1959 schrieb das städtische Hochbauamt einen Wettbewerb für den Neubau aus.

Das Preisgericht vergab keinen ersten Preis, sondern nur einen zweiten, der zu gleichen Teilen an die Büros Wilhelm und Karl Schmucker sowie Hans Scherrmann verliehen wurde. Beide Büros bildeten eine Architektengemeinschaft und zogen für die künstlerische Gestaltung des Betongussbaus den in Schriesheim ansässigen luxemburgisch-französischen Bildhauer Théo Kerg hinzu.

Kerg, der schon früher mit Lichtwänden experimentiert hatte, entwarf die wabenförmigen Betonwände, die ähnlich wie bei der Trinitatiskirche der 50er Jahre das gotische Prinzip der lichtdurchlässigen Wand mit modernen Materialien und Techniken umsetzen. – Das Mortuarium ist ein gestufter kubischer Bau, der von sechs freistehenden Sichtbetonpfeilern getragen wird. Die Hauptfassade gegenüber dem Krematorium betont den Eingang durch eine 1-geschossige offene Pfeilerhalle. Natursteinplatten verkleiden das EG und sind durch ein Betonband von den Lichtwänden des OG abgesetzt. Die plastisch hervortretenden Waben variieren in Form und Größe; teils sind sie mit Beton, teils mit farbigen Baccarat-Glasplatten gefüllt. Durch die Glaseinschübe ist das Innere in ein feierliches, sakrales Licht getaucht. Die Zellenstruktur ist den Erbauern eine Analogie zur „Weltordnung, wo Zellen einer Grundsubstanz Strukturen bilden, wachsen und schrumpfen, werden und vergehen“.

(Quelle: Architekturführer Mannheim; Dietrich Reimer Verlag; Hrsg. Stadt Mannheim, Autor: Andreas Schenk)

 

Beurteilung der Jury:

Der bauliche Umgang mit dem Thema Tod und Sterben ist ein wichtiger Ausdruck jeder Epoche. Die Mannheimer Trauerhalle ist eine sehr individuelle Antwort zu dem Thema. Außenräume werden gefasst und gegliedert, die zunächst geschlossene Halle lässt sich über Holztore großflächig nach Außen öffnen. Die skulptural gestaltete Außenhülle erfüllt den Innenraum mit einem blauen Licht. Die differenzierte Bearbeitung der Oberflächen wird zu einem wichtigen Thema der Architektur.

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