Ein heißer Stadtteil – Delegation der Carl-Benz-Schule Mannheim wird in Beyoğlu herzlich empfangen
Lotteriegewinne zeitigen zuweilen ungewöhnliche Ergebnisse: Ein Lehrer der Carl-Benz-Schule Mannheim gewinnt 2012 zwei Tickets nach Beyoğlu, einem der zentralen Stadtteile Istanbuls, mit dem Mannheim seit 2012 einen Freundschaftsvertrag unterzeichnet hat. Er reist in die Metropole am Bosporus, sucht und findet eine Schule, die seiner eigenen ähnelt. Er beschließt, eine Partnerschaft einzufädeln und lädt den dortigen Schuldirektor und einen Kollegen nach Mannheim ein.
Im Mai 2014 finden sich zehn Schülerinnen und Schüler mit ihrem Direktor Werner Burkhardt und Martin Keller als verantwortlichem Lehrer auf dem Atatürk-Flughafen in Istanbul wieder, um den Gegenbesuch zu anzutreten, unterstützt und gefördert von der Stadt Mannheim.
Der erste Eindruck: die berühmte türkische Gastfreundschaft. Am Flughafen warten bereits Merve Erben, Lehrerin an der Gastgeberschule und Melis Kaplangi von der Stadtverwaltung Beyoğlu, um die kleine Mannheimer Delegation herzlich zu begrüßen. Die Schülerinnen und Schüler finden sich alsbald in den engen Gassen Beyoğlus wieder. Ihr Hostel liegt in unmittelbarer Nähe des Galataturms, der eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem Mannheimer Wasserturm besitzt. Das Wahrzeichen des Stadtteils ist zwar um einige Jahrhunderte älter, aber ein ähnlicher Magnet für Besucher und Nachtschwärmer wie sein Mannheimer Gegenstück.
Das Programm vor Ort war wie die 15-Millionen-Metropole Istanbul selbst: abwechslungsreich, informativ, gedrängt, eindrucksvoll, überwältigend, bunt. Die Mannheimer hatten in Beyoğlu Gelegenheit, in Galerien und Museen Gespräche mit Verantwortlichen zu führen, die im Vorfeld organisiert worden waren. Auf dem Programm standen das Koç Technik Museum, eine Art Pendant zum Technoseum, die international renommierte Salt-Galerie, das Pera Museum mit einer Warhol-Sonderschau und die städtische Galerie, die gerade eine Ausstellung mit Fotos aus Peru zeigte.
Spätestens bei den Interviews zeigte sich eine besondere Stärke der Mannheimer Gruppe. Die nämlich bestand aus Schülern und Schülerinnen mit deutschen und türkischen Pässen. Und somit auch aus Native Speakern, die Sprachhürden souverän überbrückten und selbstbewusst dolmetschten. So gelang vor Ort neben vielen persönlichen Gesprächen auch eine angemessene Auseinandersetzung mit den tragischen Ereignissen von Soma, von denen man in Istanbul überrascht wurde und deren Auswirkungen auch in Beyoğlu zu spüren waren.
In der türkischen Partnerschule erlebten die Gruppe der Carl-Benz-Schule begeisterte Resonanz seitens der Schülerschaft, warmherzige Gespräche mit dem Kollegium bei Tee und Gebäck und interessante Einblicke in die Schulräume und Werkstätten des Beyoğlu Teknik ve Endüstri Meslek Lisesi. Mit Direktor Erkan Teker wurde ein Partnerschaftsvertrag ausgearbeitet, der einen regelmäßigen Austausch zwischen den beiden Schulen begründet.
Auch auf höchster Ebene wurde den Mannheimern freundliche Aufmerksamkeit zuteil. Ein Empfang im Büro des Bürgermeisters Ahmet Misbah Demircan, hoch gelegen über den Dächern von Istanbul, gipfelte im Austausch der jeweiligen Stadtwahrzeichen: Direktor Werner Burkhardt überreichte ein Modell des Wasserturms und bekam im Gegenzug einen kleinen Galataturm als Gastgeschenk. Verpflegt wurden die Mannheimer übrigens in der städtischen Kantine und im sogenannten Lehrerhaus, das sich als durchaus gehobenes Hotel entpuppte, in dessen Dachrestaurant man einen Panoramablick über das Goldene Horn genießt.
Auch die historischen Denkmäler Istanbuls kamen nicht zu kurz. Auf dem Programm standen neben der Blauen Moschee und den Zisternen auch der große Bazar mit hunderten von Verkaufsständen. Neben den vielen Terminen hatte Martin Keller als erfahrener Istanbul-Besucher einige Ruhephasen eingeplant. Bei Fahrten auf dem Bosporus und zu den Prinzeninseln sahen die Schülerinnen und Schüler nicht nur gewaltige Containerschiffe und verspielte Delfine aus der Nähe, sondern erlebten Istanbul als eine Stadt zwischen den Kontinenten und Meeren, deren öffentlicher Nahverkehr sich zu einem Gutteil auf dem Wasser abspielt.
Am Ende einer ereignisreichen Woche nahmen die türkischen und deutschen Schüler aus Mannheim und Beyoğlu nicht nur Einblicke in die jeweilige Kultur und Lebensart, sondern auch gemeinsame Erlebnisse in einer Stadt mit, die weder zu enden noch zu schlafen scheint.