Umwelt & Verkehr - 22.05.2023

Auswilderung des Feldhamsters

Im Rahmen des Wiederansiedelungsprojektes des unter europäischen Schutz stehenden Feldhamsters, wurden im Auftrag der Stadt Mannheim am Montag, 22. Mai 2023, rund 110 junge Feldhamster auf dem Feld in Straßenheim ausgewildert.

„Ziel der Wiederansiedlung ist es, langfristig einen überlebensfähigen Tierbestand zu etablieren. Dies erreichen wir nur gemeinsam mit den ortsansässigen Landwirten und deren feldhamsterfreundlichen Bewirtschaftung der Äcker, zugleich schützen wir diese sympathische Tierart“, erklärt Umweltbürgermeisterin Prof. Dr. Diana Pretzell bei ihrer Begrüßung auf einem Feld in Mannheim-Straßenheim.

Der Erfolg der Wiederansiedlung zeigt sich in den über 302 (Stand 2022) Hamsterbauten, die im Frühjahr 2022 auf Feldern in Mannheim-Straßenheim gezählt wurden. Innerhalb eines Jahres haben sich die Frühjahrsbauten verdoppelt. Steigt die Anzahl der wildlebenden Hamster in dieser Form weiter an, kann die Anzahl der auszuwildernden Feldhamster in Straßenheim in den nächsten Jahren schrittweise reduziert werden. „Die gute Zusammenarbeit mit den ortsanssäsigen Landwirten und deren feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung der Ackerflächen hat wesentlich zum Erfolg der Wiederansiedlung beigetragen“, betont Pretzell.

In Mannheim bewirtschaften mehrere Landwirte auf rund 165 Hektar (Stand 2022) ihre Ackerflächen feldhamstergerecht, sodass der Feldhamster dort einen geeigneten Lebensraum findet. Sie arbeiten im Auftrag der Naturschutzbehörden der Stadt Mannheim und des Regierungspräsidiums Karlsruhe.

„Das Vorkommen des Feldhamsters steht stellvertretend für eine artenreiche und vielfältige Agrarlandschaft. Die heimische biologische Vielfalt wird erhalten und gefördert. Beispielsweise steigt auf den Flächen die Anzahl von Ackerwildkräutern, von denen verschiedene Insektengruppen, wie Wildbienen, Schmetterlinge oder Heuschrecken, profitieren. Weiterhin finden bedrohte Vogelarten, wie das Rebhuhn oder Säugetiere, wie der Feldhase, neben dem Feldhamster einen geeigneten Lebensraum“, freut sich die Umweltbürgermeisterin.

Das Feldhamsterschutzprojekt soll zukünftig über die Stadtgrenzen hinaus ausgeweitet werden. Ziel ist es, für den Feldhamster weitere Lebensräume zu finden und neue Bestände aufzubauen. Mittlerweile haben sich Feldhamster bereits in Hessen, südlich von Viernheim, und im Rhein-Neckar-Kreis ausgebreitet. Dort werden ebenfalls mit Hilfe der ansässigen Landwirte Felder hamstergerecht bewirtschaftet. Im Rhein-Neckar-Kreis führt das Regierungspräsidium Karlsruhe zusätzliche eine Wiederansiedlung durch.

Hintergrund:

Der Feldhamster wurde als besonders seltene Tierart in Europa in die FFH-Richtlinie (FFH = Flora, Fauna, Habitat) aufgenommen, mit der die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union das europäische Naturerbe schützen.
Das Land Baden-Württemberg muss daher für den Schutz und die Erhaltung des Feldhamsters im Land sorgen. Mit dem Bau der SAP-Arena 2004 in Mannheim-Bösfeld gingen Lebensstätten des Feldhamsters verloren. Als Ausgleich für diesen Verlust ist die Stadt Mannheim für einen Teil des Wiederansiedlungsprojekts verantwortlich. Seither arbeiten das Naturschutzreferat des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Stadt Mannheim gemeinsam für das Überleben des Feldhamsters in Mannheim und stellen hierfür finanzielle Mittel bereit. Der Biologe und Experte für Feldhamster Dr. Ulrich Weinhold vom Institut für Faunistik aus Heiligkreuzsteinach leitet im Auftrag der Stadt Mannheim und des Regierungspräsidiums mit seinem Team die Aufzuchtstation, die 2004 im Heidelberger Zoo eröffnet wurde. Weinhold koordiniert die Wiederansiedlung und begleitet alle Arbeiten vor Ort.

Für eine erfolgreiche Wiederansiedlung muss der Feldhamster durch alle Jahreszeiten hindurch einen geeigneten Lebensraum vorfinden. Dazu gehört neben einem weit verzweigten Erdbau auch insbesondere ein eiweißreiches Nahrungsangebot durchs ganze Jahr hindurch. Auf Grundlage der mit den Landwirten geschlossenen Verträge säen diese beispielsweise Luzerne, eine eiweißreiche Kleeart, auf den Feldern ein. Die Luzernefelder bieten dem Feldhamster das ganze Jahr hindurch Deckung und Futter. Auf anderen Feldflächen bleibt das Getreide zum Schutz der Tiere bis in den Herbst stehen. Bei allen Maßnahmen wird auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichtet. Um die Verluste durch Füchse, streunende Katzen sowie freilaufende Hunde gering zu halten, schützt ein Elektrozaun die Wiederansiedlungsflächen. Hundebesitzer werden gebeten, Abstand zu den Zäunen zu halten und ihre Hunde am Feldrand an der Leine führen.

Hintergrundinformation zum Wiederansiedlungsprojekt

Der Feldhamster stand zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Baden-Württemberg kurz vor dem Aussterben. Die veränderte Landbewirtschaftung, zahlreiche Bauvorhaben und mehrere Trockenjahre hatten die Bestände so weit schrumpfen lassen, dass im Jahr 2004 ein Wiederansiedlungsprojekt ins Leben gerufen wurde. Die heimischen Feldhamster werden für das Wiederansiedlungsprojekt im Heidelberger Zoo gezüchtet.

Die Aufzucht wird von dem Artexperten und Biologen Dr. Ulrich Weinhold (Institut für Faunistik aus Heiligkreuzsteinach) zusammen mit seinem Team koordiniert und fachgerecht umgesetzt. Seit 2007 wurden fast 2.170 gesunde Jungtiere ausgewildert. Durchschnittlich waren dies in den letzten 13 Jahren 122 Tiere pro Jahr. Die Auswilderung begann auf Feldern in Mannheim-Straßenheim. 2009 wurde die Auswilderung auf Feldern in Mannheim-Bösfeld und in den letzten Jahren auch auf Flächen in Mannheim-Mühlfeld und bei Seckenheim erweitert. Vor vier Jahren konnte im Zoo Heidelberg eine neue Aufzuchtstation gebaut werden, welche im April 2017 gemeinsam mit dem Regierungspräsidium eröffnet wurde. Damit ist eine solide Basis für das Wiederansiedlungsprojekt geschaffen worden. Auch wenn die Population der wildlebenden Feldhamster in Mannheim in den letzten Jahren angestiegen ist, wird die Feldhamsterzucht zur Stützung der Bestände noch einige weitere Jahre benötigen.

Hintergrundinformation zum Schutzstatus des Feldhamsters

  • „critically endanderd“ in der „Red List“ der Weltnaturschutzunion IUCN. Entspricht der höchsten Gefährdungsklasse und bedeutet, dass der Feldhamster weltweit in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet vom Aussterben bedroht ist.
  • Europäisch geschützte Tierart nach Anhang IV, FFH-Richtlinie
  • Besonders/streng geschützte Tierart nach BNatSchG
  • Vom Aussterben bedrohte Tierart, Rote Liste Baden-Württemberg

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